Eigentlich hätten wir am Donnerstag schon Zuhause sein können. Jeder von uns war bereits an diesem Tag erschöpft und hätte nichts gegen sein heimisches Bett oder einen etwas weniger anstrengenden Tagesablauf einzuwenden gehabt. Eines Abends in einer geselligen Runde, beschlossen wir als Bereitschaft Hollfeld jedoch noch nicht aus dem Katastrophengebiet abzurücken. Uns allen war bewusst in welcher Lage sich die Einheimischen gerade befanden und was sie durchmachen mussten. Aufgrund der vielen positiven Rückmeldungen an unsere Einheit und unser Engagement, waren wir alle gewillt und motiviert weiterzumachen. Da unsere Bereitschaftsleitung bereits im Austausch mit der Kontingentführung des Feuerwehrhilfeleistungskontingentes der Stadt und des Landkreises Bayreuth stand, ergab sich also nun die Möglichkeit uns diesem anzuschließen. Wir wollten den Kameradinnen und Kameraden der Feuerwehr, welche unter anderem, mit dem Einsatzauftrag der Wege-Räumung sowie der Vermisstensuche, kein einfaches Los gezogen hatten, zumindest eine vernünftige Verpflegung bieten. Daher trennten wir uns am Donnerstag von unserem ersten Kontingent und siedelten ins ca. 30 Kilometer entfernte Mendig um.
Dort bezogen wir auf dem Areal eines alten Fliegerhorstes der Bundeswehr Stellung und bauten unsere Feldküche sowie eine komplette Verpflegungs- und Kochstelle auf. Zusammen mit Kollegen des BRK Tirschenreuth stimmten wir das gemeinsame Vorgehen in Bezug auf die Verpflegung der Feuerwehr-Mannschaften ab. Schnell war klar, dass ein Teil unserer Einheit am selben Tag bereits ins Schadensgebiet ausrücken musste, um die dortigen Einsatzkräfte, Helfer und Bewohner mit einem zuvor zubereiteten Wurstsalat, Kuchen und Getränken versorgen zu können. Gegen Abend, als das Dienstende für die Einsatzkräfte näher rückte, bereiteten wir Curry-Geschnetzeltes mit Reis vor und servierten es den Heimkommenden.
Wir hatten durch unsere Arbeit am vorherigen Standort bereits einen Eindruck der Lage in Rheinland-Pfalz gewonnen, jedoch übertraf das neue Schadensgebiet unsere Vorstellungen bei Weitem. Egal wie gut die Medien versuchten die Lage mit Bildern und Videos darzustellen, es würde ihnen niemals gelingen, das Gefühl, welches einen begleitete, wenn man durch dieses Gebiet fährt, einzufangen. Wir sprachen mit vor Ort eingesetzten Soldaten der Bundeswehr, die dort in sämtlichen Belangen versuchten zu helfen. Manche von ihnen waren in Syrien und Afghanistan stationiert und haben selbst dort kein derartiges Schadensausmaß wie in Rheinland-Pfalz erlebt.
Auch am heutigen Freitag arbeiteten die im Schadensgebiet eingesetzten Einheiten hart und haben sich daher selbstverständlich wieder eine Mahlzeit verdient. So begann unser Freitagvormittag damit, die Feldküche so vorzubereiten, dass zwei Leute direkt an ihr kochen konnten. Mit am Tag zuvor vorbereiteten Nudeln, kochten wir den Einsatzkräften frische Schinkennudeln mit Ei. Die anderen kümmerten sich derweil darum, die weiteren Bereiche unserer provisorisch errichteten Koch- und Verpflegungsstelle aufzuräumen und auf den Großbetrieb am Nachmittag vorzubereiten. Als die mit Schinkennudeln befüllten Thermophoren zusammen mit drei Mann unserer Einheit und einem Mann der Feuerwehr-Einsatzleitung uns verließen, um ins Schadensgebiet auszurücken, war ein Teil der Mannschaft bereits dabei, einen selbstgemachten Fleischsalat vorzubereiten, der als „Zwischen-Snack“ dienen sollte. Anschließend machten wir uns darüber die Feldküche zu säubern, damit sie für den weiteren Verlauf des Tages einsatzbereit war.
Nach Beendung unserer Aufgaben im Stützpunkt, hatten wir das erste Mal, seitdem unsere Woche am Montag begann, eine etwas längere Phase der Pause. Wir holten unsere Feldbetten aus den dunklen, kalten Zimmern der ehemaligen Kaserne und brachten sie nach draußen. Nun konnten wir ein wenig ausruhen, bevor es danach wieder losging. So kurios es klingen mag, hatte diese kurze Pausen-Zeit aber ein gewisses Zeltlager-Flair, bei welchem wir für einen kurzen Moment den schrecklichen Grund für unser Dasein in diesem Einsatz vergessen konnten.
Als unsere Einheit aus dem Schadensgebiet zurückkehrte, war unsere Erhol-Phase jedoch schon wieder vorüber. An diesem letzten Abend wollten wir die Kameradinnen und Kameraden der Feuerwehr nämlich noch einmal so richtig kulinarisch verwöhnen. Auf dem Speiseplan stand nun nämlich Schweins- bzw. Krustenbraten mit Blaukraut und Klößen und als Nachtisch ein selbstgemachter Früchte-Quark. An diesem Abend versorgten wir um die 150 Einsatzkräfte mit einem sehenswerten Mahl und bekamen dementsprechend sofort positive Rückmeldungen, was uns als SEG-Verpflegung natürlich sehr schmeichelte. Leider kamen nicht alle Einheiten aus dem Schadensgebiet zurück. Eine Feuerwehr-Einheit hatte einen technischen Defekt an einem ihrer Fahrzeuge und konnte somit nicht aus ihrem Einsatzgebiet einrücken. Da natürlich auch diese Kameraden es verdient haben etwas zu Essen zu bekommen, fuhr spontan ein Teil unserer Einheit mit Tellern, Besteck, Getränken, dem Hauptgang sowie dem Nachtisch raus zur Schadensstelle und versorgte somit die Feuerwehr-Einheit vor Ort.
Da am nächsten Tag Regen gemeldet war, wollten wir noch am selben Tag unsere Koch- und Verpflegungsstelle soweit zurückbauen, dass nichts in der Wiese versumpfen würde. Daher standen wir an diesem Tag noch bis 02:00 Uhr in der Früh an unseren Fahrzeugen und Gerätschaften und verluden alles was möglich war. Nur die Feldküche blieb aufgebaut, da wir vor der Abreise am Samstag noch das Frühstück und Lunchpakete vorzubereiten hatten. Auch dies war für uns daher keine lange Nacht, da wir um 05:00 Uhr Morgen schon wieder raus mussten.
Nachdem auch das geschafft war, machte sich das Feuerwehrhilfeleistungskontingent Stadt und Landkreis Bayreuth, mit uns als Verpflegungseinheit, abmarschbereit. Für die Heimfahrt übernahmen wir selbstverständlich auch die Aufgabe der Mannschaftsverpflegung sowie die medizinische Absicherung der Einheiten. Gegen 19:00 Uhr trafen wir, nach einigen Stunden Fahrt, endlich in Hollfeld ein. Dort erwartete uns bereits unser Kreisbereitschaftsleiter Richard Knorr mit herzlichen Worten und seinem Dank. Nach einer kurzen und motivierenden Rede seinerseits ging es für uns jedoch noch nicht nach Hause. Noch bis 21:00 Uhr säuberten wir sämtliche Gerätschaften und Fahrzeuge von innen und außen. Auch defektes oder verlorengegangenes Material versuchten wir entweder mit unserem eigenen Können wieder zu reparieren oder erstellten eine Verlust-Liste mit allen Gerätschaften und Utensilien, welche im Einsatz abhandengekommen sind. Erst dann konnten wir an die endgültige Heimreise denken. Manche von uns hatten nur einen Fußmarsch von 10 Minuten, andere hatten noch 1,5 Stunden Fahrt vor sich. Schlussendlich kamen wir alle erschöpft, aber dennoch wohlbehalten und zufrieden Zuhause an, in dem Wissen, manchen Menschen und Einsatzkräften im Katastrophengebiet den Tag ein wenig aufgehellt zu haben.
Wir als BRK Bereitschaft Hollfeld möchten allen Einsatzkräften der verschiedensten Hilfsorganisationen, der Feuerwehren, des Technisches Hilfswerks, der Polizei und der Bundeswehr für ihre Hilfe und ihr Mitwirken danken.
Auch den vielen freiwilligen, zivilen Helfen muss ein großes Lob und Anerkennung ausgesprochen werden, für ihr mitmenschliches Verhalten und die tatkräftige Unterstützung.
Und zu guter Letzt sind unsere Gebete und Gedanken bei den Betroffenen vor Ort, egal wo im Bundesgebiet sie dieses schlimme Schicksal ereilt hat. Wir wünschen alldenjenigen, die ihr Hab und Gut verloren haben, deren Existenzen einfach weggespült wurden oder die Verluste im Familien‑, Bekannten- und Freundeskreis zu bedauern haben, viel Kraft diese Zeit zu durchstehen. Sie alle haben unser tiefstes Mitgefühl.
Und im Notfall eilen auch wir, die ehrenamtlichen Helfer der BRK Bereitschaft Hollfeld, den Betroffenen gerne wieder zu Hilfe.